Grenzüberschreitende Podiumsdiskussion zur Zukunft des Rheins - 2025

Wie können wir gemeinsam handeln, um den Fluss, der uns verbindet, anzupassen und zu schützen? Um diese zentrale Frage drehte sich das deutsch-französische Rundtischgespräch, zu dem der Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau am Freitag, den 16. Mai 2025 nach Straßburg eingeladen hatte. Experten, politische Entscheidungsträger sowie Bürgerinnen und Bürger kamen dabei zu einem grenzüberschreitenden Austausch über die Zukunft des Rheins im Zeichen des fortschreitenden Klimawandels zusammen.
Die Veranstaltung wurde in Kooperation mit der Nationale Hochschule für Wasser- und Umweltingenieurwesen Straßburg (frz. kurz: ENGEES) und dem Kollektiv Plan Rhin Vivant organisiert. Sie ermöglichte einen vertieften Dialog über die gemeinsamen Herausforderungen in der Gestaltung und Renaturierung eines Flusses, der heute erheblichen Umweltbelastungen ausgesetzt ist. Denn die Auswirkungen des Klimawandels auf den Rhein nehmen spürbar zu: Seine regulierte Struktur mindert die Resilienz gegenüber extremen Wetterereignissen, Niedrigwasserperioden verlängern sich, das Hochwasserrisiko steigt, die Wasserqualität bleibt verbesserungsbedürftig und die Biodiversität geht weiterhin stark zurück.
Ein gemeinsamer Fluss – gemeinsame Herausforderungen – notwendige Zusammenarbeit
In ihrem einleitenden Grußwort hob Jeanne Barseghian, Präsidentin des Eurodistrikts und Oberbürgermeisterin von Straßburg, die herausragende Bedeutung des Rheins hervor – weit über seine Funktion als Grenze oder wirtschaftliche Verkehrsachse hinaus. Der Rhein sei ein Naturerbe und zugleich ein historisches, kulturelles und ökologisches Verbindungselement zwischen den Regionen. Angesichts zunehmender Herausforderungen wie Wasserknappheit, dem Verlust biologischer Vielfalt und vielfältigen menschlichen Eingriffen werde die Notwendigkeit einer grenzüberschreitenden, integrierten und abgestimmten Bewirtschaftung des Flusses immer deutlicher.
Der Eurodistrikt Strasbourg-Ortenau verfolgte vor diesem Hintergrund eine doppelte Zielsetzung: Zum einen solle der Dialog und die Kooperation in Umweltfragen gestärkt werden, da insbesondere ökologische Herausforderungen nicht an Verwaltungsgrenzen Halt machen und abgestimmte Lösungen erfordern. Zum anderen positioniert sich der Eurodistrikt als Plattform für Austausch und als Impulsgeber für gemeinsame Initiativen zur Förderung eines lebendigen, widerstandsfähigen und gemeinschaftlich verantworteten Rheins.
Diese Ambition erhält zusätzliches Gewicht angesichts der besonderen Verantwortung, die der deutsch-französische Grenzraum flussaufwärts trägt. Die dortigen Akteure sind in besonderem Maße gefordert, Solidarität zwischen Ober- und Unterlauf des Rheins sicherzustellen. Ziel ist es, allen Menschen im Einzugsgebiet einen gesicherten Zugang zu ausreichend und qualitativ hochwertigem Wasser zu ermöglichen – ein Ziel, das nur durch echte grenzüberschreitende Zusammenarbeit erreicht werden kann.
Ein Baustein im Rahmen des Plans „Lebendiger Rhein“
Das Rundtischgespräch vom 16. Mai reiht sich in diese Dynamik ein und leistet zugleich einen Beitrag zur Umsetzung des Plans Lebendiger Rhein (frz. Plan Rhin Vivant), dem der Eurodistrikt im Jahr 2023 offiziell beigetreten ist. Darüber hinaus basiert die Veranstaltung auf der engen und kontinuierlich intensivierten Zusammenarbeit mit der ENGEES, die seit der Übernahme der Eurodistrikt-Patenschaft für den Studienjahrgang 2023–2026 besteht.
Strukturierter Dialog zu drei zentralen Fragestellungen
Die von Professor Dr. Karl Matthias Wantzen moderierte Diskussion – Inhaber des grenzüberschreitenden Eucor-Lehrstuhls „Wasser und Nachhaltigkeit“ sowie UNESCO-Lehrstuhlinhaber für „Flüsse und Kulturerbe“ – brachte zahlreiche Fachleute und politische Entscheidungsträger von beiden Seiten des Rheins zusammen. Zu den Teilnehmenden zählten unter anderem Marc Hoffsess, Mitglied des Rats der Eurometropole Straßburg, Beigeordneter der Oberbürgermeisterin für die ökologische Wende und Mitglied des Eurodistriktrats, Stella Jelden, Projektleiterin Rhein bei der DREAL Grand Est, Dr. Nikolas Stoermer, ständiger Vertreter des Landrats des Ortenaukreises und Dezernent für Umwelt, sowie Manuel Winterhalter-Stocker, Leiter der Umweltabteilung im Regierungspräsidium Freiburg.
Im Zentrum des Austauschs stand zunächst die dringende Notwendigkeit, die Raumplanung stärker mit der natürlichen Dynamik des Flusses in Einklang zu bringen, um dessen Widerstandsfähigkeit gegenüber den Folgen des Klimawandels zu erhöhen. Deutlich wurde das zunehmende Bedürfnis nach einem ausgewogenen Miteinander von Mensch und Natur – mit Überlegungen zu einem bewussteren Umgang mit Wasser, etwa durch anreizbasierte Preisgestaltung, sowie zur Renaturierung übernutzter Flusslandschaften.
Im weiteren Verlauf stellten die Rednerinnen und Redner konkrete Maßnahmen aus ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereichen vor. Auf französischer Seite zählen hierzu unter anderem die Umsetzung des Plans Lebendiger Rhein, Projekte zur Wiederherstellung aquatischer Lebensräume sowie das Management von Schutzgebieten wie der Insel Rohrschollen. In Deutschland basieren die Maßnahmen vor allem auf dem Integrierten Rheinprogramm, das Hochwasserschutz und ökologische Zielsetzungen miteinander verbindet, sowie auf der Pflege und Entwicklung von Schutzgebieten wie dem Taubergießen.
Abschließend widmete sich die Diskussion den notwendigen Voraussetzungen für erfolgreiche grenzüberschreitende Projekte. Dabei wurden sowohl bestehende Hindernisse als auch mögliche Hebel identifiziert, die aktiviert werden müssen, um die Entwicklung integrierter und nachhaltiger Initiativen im gesamten Rheineinzugsgebiet zu fördern. Zum Abschluss waren alle Teilnehmenden eingeladen, ihr persönliches „Traumprojekt“ für den Rhein zu benennen – von einem grenzüberschreitenden Biosphärenreservat über eine umfassendere Revitalisierung des Restrheins bis hin zur vollständigen Umsetzung bestehender Strategien – an visionären Ideen mangelte es nicht.
Die Podiumsdiskussion schloss mit einer offenen Austauschrunde mit dem Publikum, in der Anliegen, Erwartungen und Vorschläge der engagierten Bürgerinnen und Bürger aufgegriffen und in die Debatte eingebunden wurden.
Bürgernähe und Engagement für den Rhein
Den Abschluss der Veranstaltung bildete ein geselliges Beisammensein mit Buffet, eine Ausstellung zur Geschichte des Rheinausbaus sowie verschieden Mitmachaktionen. Diese wurden von der NGO Octop’us und dem Bündnis Plastikfreie Natur angeboten – Partnerorganisationen, die sich für die Verringerung der Plastikbelastung und den Erhalt der biologischen Vielfalt des Rheins einsetzen.
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